Interview mit Jannic Horne über ESG und Impact Investments
ImpactNexus wurde Anfang 2021 als Spin-off des Borderstep Instituts in Berlin gegründet. Die Softwareprodukte des Unternehmens richten sich derzeit an Investoren, die die Nachhaltigkeit ihrer Portfolios verwalten wollen. In diesem Interview für die Website StartGreen spricht Mitgründer und CEO Dr. Jannic Horne über aktuelle Entwicklungen in der Nachhaltigkeitsregulierung. Er erläutert, warum die Messung der Nachhaltigkeit von Startups derzeit immer relevanter wird.
Die Originalfassung dieses Interviews wurde auf der Website des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit veröffentlicht.
ESG und Auswirkungen: Was ist der Unterschied und warum werden diese Themen auch für Start-ups immer wichtiger?
Während sich ESG (Environment, Social, Governance) auf die Risikominimierung konzentriert, geht es bei Impact Investing eher um eine langfristige Betrachtung der Auswirkungen. Impact Investing zielt darauf ab, mit den getätigten Investitionen eine signifikante positive soziale oder ökologische Veränderung zu erreichen. ESG-Kriterien werden nun angewandt, um nach nicht-finanziellen Risiken zu suchen, die einen wesentlichen Einfluss auf den Wert einer Anlage haben können.
Heute gibt es sowohl für große Unternehmen als auch für kleine Unternehmen wie Start-ups oder KMU gute Gründe, sich mit ESG und Auswirkungen zu befassen. Investoren betrachten ESG als einen wichtigen Risikofaktor, wenn sie neue Investitionen in Betracht ziehen. Startups, die in Sachen ESG stark sind, gelten als sicherere Unternehmen, weil sie beispielsweise ein geringeres Risiko von Zivilklagen oder staatlichen Geldstrafen haben. Darüber hinaus wollen immer mehr Investoren gezielt einen positiven Einfluss ausüben. Insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel nimmt die Zahl der Impact Investments stark zu. Climate Tech zum Beispiel ist der am schnellsten wachsende Startup-Sektor in Europa und hat sich innerhalb von vier Jahren verzehnfacht. Im Jahr 2017 wurden 1,1 Milliarden Dollar in diesen Sektor investiert. Im Jahr 2021 werden sich die Investitionen auf 11 Milliarden Dollar belaufen. Doch die Vorteile beschränken sich nicht auf einen besseren Zugang zu Kapital: So wird das Thema sowohl auf der Kundenseite als auch im Bereich der Rekrutierung von qualifiziertem Personal immer wichtiger und kann einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen.
Wie ist die Situation auf Seiten der Investoren? Was motiviert sie, bei diesen Themen aktiv zu werden?
Privates Kapital spielt eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Transformation in eine nachhaltige Zukunft. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt, weshalb sich das regulatorische Umfeld auf EU-Ebene für den Finanzsektor derzeit grundlegend ändert. Von besonderer Bedeutung ist dabei die EU-Offenlegungsverordnung (SFDR). Die im März 2021 in Kraft getretene Verordnung verpflichtet Finanzmarktteilnehmer und Berater, ESG-Kriterien in den gesamten Prozess von der Offenlegungspflicht auf Unternehmens- und Produktebene bis hin zur Beratung von Kunden, zu Anlageentscheidungen und zum Risikomanagement einzubeziehen. Ab dem 1. Januar 2023 werden auch die entsprechenden Berichtspflichten gelten. Die Verordnung wird somit auch Risikokapitalgeber verpflichten, Entscheidungsprozesse auf Produkt- und Unternehmensebene unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu untermauern.
Auf welche Weise wird ImpactNexus hier aktiv?
Wir helfen Investoren wie VCs oder Private-Equity-Firmen und ihren Portfoliounternehmen, die Komplexität dieser Entwicklungen zu reduzieren und auf einfache Weise nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Für Portfoliomanager bedeutet dies, dass sie im Handumdrehen Einblicke in die ESG-Risiken ihrer Investitionen gewinnen können. Einfache Berichtsfunktionen helfen ihnen dabei ebenso wie die Möglichkeit, die wichtigsten Nachhaltigkeitskennzahlen für das gesamte Portfolio zu verfolgen. So wurden viele wichtige Schritte unternommen, um den Anforderungen verschiedener neuer regulatorischer Anforderungen gerecht zu werden.
Was unterscheidet ImpactNexus von anderen Softwareanbietern?
Das Besondere an unserer Lösung ist, dass wir uns nicht nur an Investoren wenden, sondern die Portfolio-Unternehmen mit unserer Software an die Hand nehmen und ihnen helfen. Unser Ansatz macht es sowohl für die Unternehmen als auch für ihre Unterstützer einfach. Darüber hinaus nutzen wir KI-Prozesse, um eine einzigartige Impact-Datenbank aufzubauen, die die sozialen und ökologischen Auswirkungen unzähliger Produkte und Dienstleistungen enthält. Dadurch können wir die Auswirkungen von Unternehmen auf zunehmend automatisierte Weise bewerten. Bis Ende 2022 werden wir eine erste automatisierte Bewertung der Klimaauswirkungen durchführen. Danach werden wir sukzessive weitere wichtige Nachhaltigkeitsthemen hinzufügen. Zusätzlich zu den Bewertungen liefern unsere Instrumente auch konkrete Verbesserungsvorschläge für nachhaltigere Maßnahmen, Materialien oder Prozesse.
"Impact" ist Teil des Start-up-Namens: Wie hängen die oben genannten Themen mit den Konzepten der Wirkungsmessung und des Wirkungsmanagements zusammen?
Wie wichtige internationale Akteure verstehen wir das Thema Wirkung letztlich als übergreifende Aufgabe. Die genaue Messung und Steuerung der Wirkung auf Basis des Geschäftsmodells erfordert jedoch eine sehr tiefe Auseinandersetzung mit den eigenen Prozessen. Das ist ein großer Aufwand. Hinzu kommt, dass die Messung der Auswirkungen sehr oft erst im Nachhinein erfolgt - oft sind dann bereits erhebliche Schäden für Mensch und Umwelt entstanden. Unsere Lösung ermöglicht ein frühzeitiges Eingreifen in diesen Prozess und modelliert etwaige Auswirkungen. Das erleichtert das Wirkungsmanagement erheblich. Im Nachhinein ist dann noch eine Messung notwendig. Unserer Meinung nach braucht es aber beides - gute Prognosen und dann die tatsächliche Empirie.
Gibt es konkrete Tipps, was Investoren und Start-ups tun können, um das Problem auf unkomplizierte Weise anzugehen?
Anleger sollten sich frühzeitig die Frage stellen, ob sie Nachhaltigkeit in ihrem Portfolio in erster Linie als Risikofaktor behandeln oder tatsächlich die Auswirkungen des gesamten Portfolios analysieren wollen. Je nach Zielsetzung sollte man sich darauf konzentrieren, die geeigneten Ziele und Kennzahlen für jedes Unternehmen zu bewerten. Dabei ist es ratsam, sich auf die Kennzahlen zu konzentrieren, die besonders wichtig sind. Mit anderen Worten, auf diejenigen, die eine vermeintlich hohe Nachhaltigkeitsauswirkung haben. Für ein produzierendes Unternehmen könnten dies zum Beispiel die jährlichen Treibhausgasäquivalent-Emissionen sein. Für ein digitales Startup hingegen könnte der Fokus beispielsweise auf Kennzahlen zur Vielfalt liegen.
Bei ImpactNexus arbeiten wir daran, alle relevanten Prozesse sukzessive weiter zu automatisieren und mit intelligenten Empfehlungen zu Verbesserungsmöglichkeiten anzureichern. Dazu arbeiten wir aktuell an Projekten mit der DATEV sowie an einem Forschungsprojekt im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, können Sie sich auf unserer Website informieren und ganz einfach einen Termin für eine Demo vereinbaren.